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Luhmanns funktionelle Differenzierung

Soziologie
Luhmanns „polykontextuale Gesellschaft“
oder
-          Ist die funktionale Differenzierung der modernen Gesellschaft überhaupt ein Problem? -

Für Luhmann wird die moderne Gesellschaft durch die Form ihrer Differenzierung bestimmt. Anknüpfend an eine seit Herbert Spencer in der Soziologie verankerte Tradition differenzierungstheoretischen Denkens charakterisiert Luhmann die Moderne als eine funktional differenzierte Gesellschaft. Das bedeutet, dass die moderne Gesellschaft als Ganzes aus ungleichartigen, aber gleichrangigen Teilen zusammengesetzt ist. Diese Teile sind für den Systemtheoretiker Luhmann gesellschaftliche Teilsysteme. Die moderne Gesellschaft stellt demnach ein Ensemble von etwa einem Dutzend Teilsystemen dar: Wirtschaft, Politik, Recht, Militär, Wissenschaft, Kunst, Religion, Massenmedien, Erziehung, Gesundheitswesen, Sport, Familie und Intimbeziehungen.“ (Schimank S. 47-48)

Man muss eigentlich kein Genie sein, um in der funktionalen Differenzierung der Gesellschaft und ihrer Aufgaben Luhmanns die Zwölfteilung der astrologischen Häuser zu erkennen.

Aber nicht nur, dass Luhmann sozusagen die klassische Zwölfteilung der astrologischen Häuser neu entdeckt hat, er beschreibt auch recht passend, dass sich ein Ereignis aus Sicht der verschiedenen Bereiche jeweils unterschiedlich darstellt. Davon geht nämlich auch die astrologische Analyse aus. Vom zweiten astrologischen Haus wird zum Beispiel die Struktur der Finanzen in allen anderen Bereichen interpretiert. Vom dritten Haus aus gesehen erkennt man die Struktur der Kommunikation in allen Reichweiten. Ebenso kann man verschiedene Themenbereiche auch aus der Perspektive der entsprechenden Planeten berechnen. Hier wäre zum Beispiel Venus als Aszendent gleichbedeutend mit einem Blick auf die finanziellen Strukturen eines Horoskops. Nimmt man also ein bestimmtes Haus oder Planeten als Aszendenten, entwickelt sich wiederum ein komplettes System aus zwölf Bereichen, die die jeweilige Sichtweise des Planeten oder der Lebensbereiche darstellt.

Was erkennt man also nach Anwendung dieses Systems auf die Konstellationen der EG-Gründung? Ich demonstriere diese Art der Interpretation kurz am Beispiel eines vedischen Horoskopaufbaus, Berechnung nach Lahiri.


Die einzelnen Teilsysteme sind nach Luhmann ungleichartig aber dennoch gleichwertig. Und zwar gleichwertig insofern, als jedes Teilsystem in seinem eigenen geschlossenen Bereich und mit seinem eigenen binären Code zum Funktionieren des kompletten Systems beitragen muss. Nach Luhmann bestimmen (heutzutage?) nicht mehr die stärksten Systeme das Wirken der Gesamtheit, sondern das schwächste Element sei bestimmend für die Möglichkeiten und Handlungen der anderen. Diese seien gezwungen, auf das schwächste Element Rücksicht zu nehmen. Und zwar deshalb, weil kein anderer Bereich die Aufgaben des jeweils anderen komplett übernehmen kann. Somit ist jeder Bereich gleichrangig in der Wirklichkeit gegenüber den anderen und trotzdem entsprechend verschieden. (vgl. Schimank)

Im ersten Haus der Gründung der Europäischen Gemeinschaft sehen wir einen optimistischen Jupiter in der Jungfrau. Die Aufbruchstimmung der Fünfzigerjahre des vorigen Jahrhunderts ist hier deutlich zu erkennen. Hoffnung auf ein produktives Miteinander (der Aszendenten sowie der Jupiter stehen im fleißigen Zeichen Jungfrau) bestimmen den Geist der Nachkriegszeit. Im zweiten Haus steht Neptun im Sternzeichen Waage. Den Bereich, in dem sich Neptun befindet, könnte man (als gedanklichen Versuchsaufbau) mit dem schwächsten Glied der Kette im Sinne Luhmanns assoziieren. Dies sind also in diesem Fall die Finanzen. Eine Währungsunion, also alle Währungen in einen Topf zu werfen, war bei der Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Sinne der Stärkung des schwächsten Systemteils also logische Konsequenz. Im dritten Haus sieht man die Verträge der EG und deren Grenzen (Saturn). Das Grundhoroskop der Gründung der Europäischen Gemeinschaft ist, trotz aller wirtschaftlichen Verpflichtungen, erst einmal konsequent auf die Abgrenzung der einzelnen Länder untereinander bedacht. Der MC steht in Zwillinge und spricht dafür, dass man damals der Meinung war, mit Kommunikation und Verhandlungen alles ins rechte Lot bringen zu können. Herrscher Merkur steht mit Sonne, Venus und Pallas im siebten Haus in Fische. Man argumentierte also auf Augenhöhe, versuchte die Verhandlungspartner ernst zu nehmen und, im wahrsten Sinn des Wortes, alle mit ins Boot zu holen. Mars mit Chronos im Stier im neunten Haus deutet auf den Austausch von Arbeitskräften, sowie auch die Förderung selbstständiger Tätigkeiten, also Handwerk und Unternehmertätigkeiten. Im Grundhoroskop der EG ist also Arbeitsmigration explizit festgeschrieben und wesentlicher Teil der Ideologie. Ausländische Arbeitskräfte bringen Wohlstand (ins Land) und ebenso auch wirtschaftlich und gesellschaftlich gut verwertbare Fähigkeiten mit. Die EG an sich baute also auf Finanzen und Wirtschaftsverträge die gleichzeitig das schwächste Glied der Kette sind. Besonders dann, wenn bestimmte Länder wirtschaftliche Schwächen oder Unklarheiten produzieren.

Wie sieht es nun aus, nimmt man das zweite Haus und Neptun als Aszendenten, mit der finanziellen Lage der EG.
Schlagartig wandelt sich die Grundstimmung vom optimistischen Jupiter - der proklamiert(e), wenn nur genug gearbeitet und koordiniert wird, entsteht Wachstum - in den etwas verwirrten und sich über die finanziellen Grundlagen und Maßnahmen gänzlich verwirrten Neptun. Vom Neptun aus gesehen steht nun der kritische und einschränkende Saturn in Skorpion im Geldhaus. Je unklarer die Ziele und Aktivitäten sind, umso strenger würde also Saturn zuschlagen müssen, um übertriebene Erwartungen oder verwirrte finanzielle Zustände wieder ins Lot zu bringen. Wie sieht es im zehnten Haus des Geldhauses aus? Hier steht Uranus in Krebs. Deutlich zu erkennen also, dass es zwar für das Volk und die Gemeinschaft Fortschritte geben wird, dass diese jedoch unerwartet und plötzlich sein können. Für bestimmte Völker oder auch die EG als solches, betrachtet man zum Beispiel den finanziellen Problemfall Griechenland, würden finanzielle Probleme unmittelbare Ängste und Zukunftssorgen im Volk generieren. Kommt ein Land oder ein Teil der Staatengemeinschaft in finanzielle Probleme, hilft nur, dass alle mit anpacken. Die Geschäftspartner aus dem siebten Haus rutschen dann (also im Finanzhoroskop) in das sechste Haus der angestellten (dienenden) Arbeit. Genauso kam es ja auch bei der griechischen Finanzkrise. Es wurden plötzlich sozusagen die Daumenschrauben (Saturn) angelegt um die Schulden zu begrenzen. Daraufhin geriet das Volk in Ängste, probte einen Aufstand (Uranus in Krebs) und sah sich gezwungen, mehr und länger (Rente) zu arbeiten. Gleichzeitig bemühte sich die Gemeinschaft, mit vereinten Kräften, Griechenland weiter im Euroraum zu halten (Die Gewinne, die durch die Rettung Griechenlands mit Krediten generiert werden, lasse ich hier einmal außen vor). Man sieht also, dass im Gründungshoroskop der europäischen Gemeinschaft sowohl die Probleme, als auch deren Lösungen bereits impliziert sind.

Man könnte auf diese Art und Weise noch mehr Aspekte betrachten:  Zum Beispiel vom Standpunkt der Verträge aus, dem dritten Haus mit Saturn könnte man interpretieren, das von dort aus gesehen die Partner aus dem siebten in das fünfte Haus wandern. Man muss also die Vertragspartner ernst nehmen und deren kreative und schöpferische Kräfte fordern und fördern. Die europäische Gemeinschaft ist vom Grundhoroskop her darauf ausgerichtet, dass alle mit anpacken, dass konsequent Manpower (Mars mit Chronos) verwendet und gegebenenfalls auch innerhalb der Staatengemeinschaft hin und her getauscht oder sogar aus dem außereuropäischen Ausland importiert wird. Vor allen Dingen ist es der EU wichtig, dass technische Innovationen die industrielle Produktion und damit die Wirtschaftsentwicklung fördern: Pluto mit Zeus steht im zehnten Haus im Sternzeichen Löwe. An anderer Stelle (im Artikel über Beck’s Risikogesellschaft) gehe ich auf die Gefahren dieser Konstellation ein. Auch, dass große Wanderungsströme vorkommen können, zeigt Uranus in Krebs. Gerade diese Wanderungsströme sind also essentiell wichtiger Bestandteil der Europäischen Gemeinschaft. Es wurde also sozusagen ein neues Flächenland geschaffen, in dem zwar noch die alten Grenzen herrschen, aber auch schon angelegt ist, dass Menschen ihre Familie verlassen, um in der Ferne Fortschritte zu erreichen.

Dass und wie also jede dieser Wertesphären (vgl. Schimank/Luhmann), wie Finanzen, Verträge, Bevölkerung, eine eigene Grunddynamik, eigene Schwerpunkte und auch eigene Schwachstellen entwickeln, ist mit dieser Betrachtungsweise abzulesen. Der Schwachpunkt, also der Bereich mit Neptun oder Fische, wäre von jeder Wertesphäre aus gesehen in einem anderen Bereich. Dementsprechend wäre auch von jeder Wertesphäre aus gesehen sowohl Probleme, als auch Lösungen, als auch die angestrebten Ziele unterschiedlich zu benennen. Dieses System der Interpretationen kann also sehr ausdifferenziert und detailliert Strukturen von Gemeinschaften, Ländern oder auch Persönlichkeiten analysieren. Das System der astrologische Wertesphären, also der astrologischen Häuser bietet aber, anders als bei Luhmann, eine strikte Reihenfolge der Wertesphären und eine ganz klare Zuordnung dieser Sphären untereinander. Der binäre Code, den Luhmann anspricht, nämlich, dass zum Beispiel die Wertsphäre der Rechtsprechung Recht / Unrecht, die Wertesphäre der Finanzen zahlen/nicht zahlen oder auch Gewinn / Verlust als jeweils gegenüberliegende Grundphilosophie dient, findet sich ebenfalls (schon seit Jahrtausenden) in den Oppositionen der astrologischen Häuser wieder. Jedes gegenüberliegende Haus vertritt sozusagen den gegenteiligen Code des jeweils anderen Hauses, stellt also den Gegenpol dar. Der gesamte Tierkreis komplett mit seinen zwölf Teilbereichen, das also jeweils sechs durch binären Code definierte Bereiche aufweist, entspräche der polykontextualen Gesellschaft Luhmanns:

„Gesellschaft aus der Sicht der Politik oder aus der Sicht des Gesundheitssystems usw. Luhmann (1986 a: 216) bringt es so auf den Punkt: ‚die Einheit der Gesellschaft ist dann nichts anderes als diese Differenz der Funktionssysteme; sie ist nichts anderes als deren wechselseitige Autonomie und Unsubstituierbarkeit.‘ " (S. 49)

Auch ein weiterer Aspekt, der von Luhmann angesprochen wird, kann durch die Betrachtung des Grundhoroskops der EG analysiert werden:

" ... Denn ihm zufolge werden in der modernen Gesellschaft frühere Arten einer subjektiv bedeutungsvollen Selbstbeschreibung von Personen durch Ansprüche ersetzt, die die Person an die Leistungsproduktionen der verschiedenen gesellschaftlichen Teilsysteme adressiert (Luhmann 1984: 362-367; 1987). Jede Selbstbeschreibung, überhaupt jede Beschreibung, setzt eine zugrundeliegende Differenz voraus. Wenn das aus externen Sinnvorgaben freigesetzte moderne Individuum, auf sein „Ich“ zurückgeworfen, „in den Seeleninnenräumen“ (Luhmann 1987: 135) auch nur ins Leere stößt, also keine für die Fixierung des „Ichs“ erforderliche Differenzerfahrung machen kann, sucht es diese Differenz im Verhältnis zur Gesellschaft:.." (S. 53)

Genau dieses, aus seinen externen Sinnvorgaben freigesetzte moderne Individuum wird repräsentiert durch Uranus im Krebs. Das Herausheben aus den Traditionen und aus der Familie, sowie auch aus dem überlieferten Wertesystem ist Ende der Fünfzigerjahre Trend und festgeschrieben im Gründungshoroskop der europäischen Gemeinschaft. Verstärkt wird diese Tendenz noch durch Neptun im ersten Quadranten des Grundhoroskops. Sozusagen die ganze Europäische Gemeinschaft ist sich ihrer Werte noch nicht oder nicht mehr bewusst. Sucht „man“ in sich selbst, stößt man ins Leere. Das Individuum kann also keine für die Fixierung des Ichs erforderliche Differenzerfahrung machen und sucht diese Differenz dann im Vergleich mit der Gesellschaft (vgl. S. 53). Damit ist eine starke Wechselwirkung beschrieben, die quasi das „unbestimmte und undifferenzierte Individuum“ (Uranus in Krebs) in Rückwirkung mit einer ebenfalls entgrenzten Gesellschaft (Neptun in 2) neu formen kann. Im Grundhoroskop der Europäischen Gemeinschaft ist also zu erkennen, dass das System die beteiligten Länder und den Einzelnen auf Ansprüche prägt, die dem Geist der damaligen Zeit entsprechen. Die Gefahr der „Anspruchsinflation“, die Luhmann im Zusammenhang mit dem modernen Individualismus, bestand und besteht tatsächlich. Inflation ist nämlich ebenfalls eine Domäne des Neptuns, der sich eben über seine Werte und Vorstellungen nicht im Klaren ist und dementsprechend suchtähnlich überreagiert und doch nie genug bekommen kann.

Luhmann sieht die Anspruchsinflation besonders darin, dass die einzelnen Teilsysteme sich in ihrer Geschlossenheit soweit entwickeln, und perfektionieren, dass sie sozusagen ungebremst immer weiter Ansprüche erzeugen. Aber ist dies wirklich der Grund? Ist nicht Herausgelöstheit aus dem Wertesystem der Ahnen und die gleichzeitige Unsicherheit über neue Wertesysteme, also Uranus in Krebs und Neptun im zweiten Haus eine bessere Beschreibung und vielleicht der wahre Grund der Problematik? Die astrologischen Häuser, also die Einteilung der Gesellschaft in verschiedene nebeneinander existieren Lebensbereiche gab es als Funktionsbereiche schon seit der Antike. Dieses System, von Luhmann herausgearbeitet und sozusagen wiederentdeckt, kann also nicht der Grund sein. Warum sind also ganze Generationen seit den fünfziger Jahren auf der Suche nach sich selbst und setzen ihre Ansprüche in den verschiedensten Lebensbereichen suchtartig immer höher und höher? Ich glaube dieser Mechanismus beschreibt recht gut die spiralartigen Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte, die sich immer höher schraubenden Ansprüche, aber auch individueller oder gesellschaftlicher Möglichkeiten und vor allen Dingen der wirtschaftlichen Expansion und der technischen Entwicklungen. Dieses immer schneller, weiter und höher könnte unter anderem ein Resultat von Grundschwingungen sein, auf die ich in anderen Berichten noch näher eingehen wird. Außerdem ist es natürlich automatisch eine Folge davon, dass die Menschheit untereinander immer schneller kommunikativ und verkehrstechnisch vernetzt wird und immer schneller Wissen und Fähigkeiten austauschen und sich damit (aufgrund der heutzutage geltenden Grundschwingung und „Philosophie“ in die Peripherie zu streben) exponentiell weiterentwickeln kann.

Die aus der Anspruchsexplosion erwachsenen wirtschaftlichen Expansionen gefährden nach Luhmann die Umwelt...? Das ist heutzutage eine Binsenweisheit. Die Frage ist, warum es überhaupt so weit kommen musste, obwohl viele Probleme bereits im Ansatz erkennbar waren. Luhmann geht davon aus, dass, wenn es (also die Gefährdungen) nicht kommuniziert wird, es auch keine gesellschaftlichen Auswirkungen hat. Aber ist das der Grund? Ist nicht schon in den siebziger und achtziger Jahren viel über Ökologie und Ökonomie diskutiert und informiert worden? Liegt nicht vielmehr im Horoskop der Europäischen Gemeinschaft eine Tendenz vor, die da heißt die Umwelt ist mit technischen Möglichkeiten zu beherrschen (Wassermann im sechsten Haus mit Hygeia) und das sogar notfalls mit Gewalt (zehntes Haus vom sechsten Haus mit Saturn und Skorpion). Man war und ist bereit, der Natur Gewalt anzutun und glaubt letzten Endes an die vollkommene technische Beherrschbarkeit und Machbarkeit von Gesundheit und Umwelt. Hatte man die Problematiken also durchaus auf dem Schirm, nur die Möglichkeiten und Methoden falsch eingeschätzt und Lösungen einfach aufgeschoben? Ist es nicht auch so, dass man in der EG, obwohl als Staatengemeinschaft konzipiert, doch immer noch klein-klein dachte? In den eigenen überschaubaren Bereichen war man ja durchaus in der Lage, alles scheinbar und mit mehr oder weniger Erfolg technisch im Griff zu behalten. Über die ökologischen Konsequenzen der Umwelt im größeren Rahmen, und auch weltweit, war man noch lange nicht bereit, sich Gedanken zu machen. Natur gab es ja scheinbar im Überfluss, was sollte also schon passieren.

By the way: Luhmann sieht in seinem ausdifferenzierten System der Teilsysteme auch das Problem der Exklusion. Gibt es so ganze gesellschaftliche Gruppen, wie zum Beispiel die Elendsviertel in großen Städten, die an den einzelnen Segmenten der Gesellschaft keine Teilhabe haben. Aus dieser mangelnden Teilhabe oder auch Teilhabeverweigerungen befürchtet Luhmann potentiellen Explosivstoff (vgl. S. 46) für die gesellschaftliche Ordnung. Aber ist dies wirklich so? Sind Menschen, die von den Teilsystemen ausgeschlossen sind – erstens-, überhaupt in der Lage, sich entsprechend gesellschaftlich Gehör zu verschaffen? Hierfür braucht es, getreu nach den Prinzipien der französischen Revolution, die ja auch hauptsächlich durch Intellektuelle überhaupt erst angeschoben und durchgeführt wurde, Sprachrohre, die diese Gesellschaftsschichten mobilisieren können. Es braucht außerdem spezielle Konstellationen, wie damals der starke Uranus, um Umstürze hervorzurufen. Oder konsequent andersherum argumentiert: kann man -zweitens- aus der zwölf der astrologischen Häuser überhaupt konsequent irgendjemanden ausschließen? Nein, das ist natürlich nicht möglich. D.h. auch die Elendsviertel gehören zum System. Exklusion kann höchstens dort angesprochen werden, wo einzelne Bereiche in das Sternzeichen Fische, das zwölfte Haus eines Staates oder eines Systems geraten oder von neptunischen Einflüssen tangiert werden. Es gibt also innerhalb dieses ausdifferenzierten Systems ein Teilsystem, in dem sich Elend sammeln kann. Wieder also ist nicht das ausdifferenzierte System der Teilsysteme das Problem, sondern auch hierfür müssen andere Ursachen und Indikatoren hergenommen werden.

Nach Luhmann kann also z.B. nur insofern auf Umweltverschmutzungen reagiert werden, wie weit die Probleme in den einzelnen binären Codes der Teilsysteme erkannt werden können (vgl. S. 56 - 57). So könne zum Beispiel die Wirtschaft nur über finanzielle Probleme, die Politik über politische Probleme auf Umweltthemen aufmerksam gemacht werden. Einerseits normalerweise kein Problem, denn eigentlich bedingen Umweltprobleme automatisch über kurz oder lang auch finanzielle Probleme. Zum anderen bewirken finanzielle Schwierigkeiten nicht nur wirtschaftliche, sondern im Nachgang auch politische Probleme. Wiederum trifft dies aber auch nicht den Kern der Sache. Wenn man sich auch wohler fühlen mag, eine Erklärung die Sturheit und Blindheit der entsprechenden Bereiche für „auswärtige“, also außerhalb eines Teilsystems vorhandene Probleme zu haben. Faktisch, aus dem Horoskop der Europäischen Gemeinschaft zu sehen, ist aber, dass der Mensch tatsächlich dieses Gefühl von Natur und Ökologie in diesem Grundhoroskop gar nicht, und zwar in keinem Bereich, auf dem Schirm zu haben scheint. Für den Menschen der EG Ist die Natur ebenso ein technisch beherrschbarer Bereich, wie zum Beispiel seine eigene Wohnung, das Büro oder der Industriebetrieb. Ein wirkliches Einfühlen in die Natur, natürliche und ökologische Systeme, und auch das Erkennen dessen, wie gesunde Regelkreise (in jedem Bereich!) erhalten werden können, ist in diesem (Fünfzigerjahre)-Horoskop grundsätzlich gar nicht vorgesehen.

Es ist das Horoskop der EG exakt das Horoskop eines Homo Faber. Wie im Roman von Max Frisch, der ebenfalls 1957 erschien, ist es ein Abbild des technischen Menschen. Dieser Mensch, der, wie der Protagonist in Frisch' s Roman, seine eigenen Wurzeln und seine Familie aus dem Blick verloren hat. Um technischen Herausforderungen hinterher zu laufen, egal wie oder wo auf der Welt er diese zu finden glaubt. (Siehe Anhang 1)

Wo wäre jetzt also die Lösung? Schauen wir auf unser EG-Horoskop. Nach Luhmann sei es kaum möglich, über einzelne Bereiche, sei dies jetzt Politik oder Wirtschaft steuernd in die ökologischen Problematiken einzugreifen. Er lässt es lieber auf eine Art Evolution hinauslaufen, da die Gesellschaft seinerseits bereits überkomplex (vgl. S. 58) sei und ein sinnvolles und erfolgreiches Eingreifen in diese untereinander gekoppelten Teilsysteme nicht mehr möglich sei. Wo sind überhaupt Natur und Ökologie im Horoskop der EG verankert? Erstaunlicherweise direkt am Aszendenten. Das Sternzeichen Jungfrau, das am Aszendenten steht, beschreibt eigentlich sehr genau den Anspruch, dass alles ökonomisch und auch ökologisch in sinnvollen und gesunden Regelkreisläufen laufen muss. Nur so können Gewinne (Neptun zweiten Haus) aus der Zusammenarbeit mit anderen (Fische im siebten Haus mit wichtigen Planeten) generiert werden. Und wo ist nun der Faden verloren gegangen, der genau dafür sorgt, dass ökonomische und ökologische Regelkreisläufe zu Gewinnen führen? Meiner Meinung nach ganz einfach dort, wo man nicht ausreichend über die Langzeitfolgen und deren ökologische und vor allen Dingen ökonomische Kosten nachgedacht und vor allem nachgerechnet hat. Im Grunde genommen ist nur das langfristig und global ökonomisch, was auch die Ökologie mit einbezieht. Ressourcen sind nun mal beschränkt, ökologische Systeme störanfällig und natürliche Regelkreisläufe, bei denen ein Glied der Kette nicht mehr funktioniert, können auf katastrophale Weise gänzlich ausfallen. Interessant, dass Luhmann nicht nur in den politischen Führungsebenen, sondern auch in den ökologischen Bewegungen nicht die Lösung sieht. Wäre es so, hätte man doch bereits in den achtziger und neunziger Jahren mehr erreichen müssen. Dass die Grünen erst jetzt endlich das Gehör finden, was sie „rein rechnerisch“ ökologisch und ökonomisch bereits vor Jahren hätten erhalten müssen, erklärt sich meiner Meinung nach wieder aus einem anderen Grunde. Wie ich im Artikel über die Risikogesellschaft und die atomaren Katastrophen erklärt habe, ist es erst möglich, sich aus den Bahnen der Technikorientierung und gewaltsamen Naturausbeutung zu befreien, wenn das (politisch erklärte) Ziel nicht mehr Gewalt und Technik, oder Technik mit aller Gewalt (Pluto mit Zeus im zehnten Haus sekundärprogressiv) heißt, sondern endlich anderen Bereichen mehr Raum lässt.

Luhmann sieht als Korrektiv sozusagen die Etablierung eines neuen Teilsystems, weil sich seiner Meinung nach keines der bisherigen Teilsysteme dafür geeignet hat. Man kann aber den zwölf astrologischen Teilsystemen, die in sich geschlossen und in ihrer Gesamtheit perfekt sind, nicht einfach ein weiteres hinzufügen. Meiner Meinung nach läuft dies auf etwas anderes hinaus. Da das Horoskop der Europäischen Gemeinschaft die entstandenen Probleme ja bereits in seinem Gründungsdatum trägt, und die EG praktisch Ursache und Opfer der Problematik ist, ist nicht ein neues Teilsystem, sondern ein neuer übergeordneter Zusammenschluss auf der Basis anderer Konstellationen die Lösung. Dieser neue Zusammenschluss hätte ein anderes Grundhoroskop, gleichwohl mit denselben Teilsystemen der astrologischen Häuser, dennoch auf einem neuen, hoffentlich gereifteren und höheren gesellschaftlichen Niveau. Aus dieser neuen Warte können die entstandenen Probleme neu beurteilt und bearbeitet werden. Spätestens seit dem Gang Neptuns in die Fische, 2011/12 haben sich die ökologischen Probleme derartig exponentiell globalisiert, dass man mittlerweile gezwungen wird, endlich ernsthaft darüber nachzudenken um das Versäumnis, die ökologischen Probleme ökonomisch und wissenschaftlich zu erfassen, endlich nachzuholen. Nach Luhmann müsste der binäre Code auf der Linie Nachhaltigkeit/mangelnde Nachhaltigkeit liegen (Vgl. S. 60). Dies ist aber genau das, was im Grundhoroskop der europäischen Gemeinschaft bereits am Aszendenten steht: das Sternzeichen Jungfrau, das darauf achtet, dass so gewirtschaftet wird, dass man die Ernte auch einbringen kann und zwar nicht nur ein Jahr, zehn Jahre oder zwanzig Jahre, sondern immer. Was ja nur gewährleistet ist, wenn man nicht die Substanz zerstört, auf der die Früchte angebaut werden. Muss man also krass sagen, dass die Bevölkerung der Endfünfziger Jahre einfach unfähig war, so groß zu denken und genau genug zu rechnen, damit erst gar keine ökologischen und damit auch ökonomischen Probleme entstehen konnten. Es war ja damals auch noch „leicht“, die Probleme über den eigenen Tellerrand einfach hinauszustoßen. Obwohl sie dann zwangsläufig auf jemand anderes Teller landen mussten. Leider war es einfach eine Generation, die das Problembewusstsein im positiven Sinne noch nicht nötig hatte, weil es gesunde Natur und ausreichend Umfeld zum Verdrängen gab, und die deswegen den Fokus auf andere Aspekte legte.


Schauen wir nun auf den EU Vertrag von Lissabon 2009, dann sehen wir, dass „Dem Schöpfer sei Dank“ eine nächste Ebene, die gleichfalls andere Perspektiven und Lösungsmöglichkeiten bieten kann, am Start ist. Die Technikgläubigkeit der Europäischen Gemeinschaft von 1957 ist zwar nach wie vor auch in der EU ein großer Faktor, jedoch wurde der EU-Vertrag geschlossen zu einer Zeit, in der sich Neptun, Chiron und Jupiter zusammen im Wassermann befanden. Hier ist also, vor allen Dingen durch die Konjunktion zur Hygeia aus dem vorigen (vedischen) Europäischen Gemeinschafts-Vertrag zu sehen, dass ein umfassendes ökologisches Verständnis und zwar auf wissenschaftlicher Basis errungen werden kann, dass zur Gesundung und Heilung der Umwelt und ganzheitliche Ökosysteme beitragen kann.




Anhang 1:
Wikipedia 19.12.18
https://de.wikipedia.org/wiki/Homo_faber_(Roman)
Homo faber ist ein Roman des Schweizer Schriftstellers Max Frisch. Nach seiner Veröffentlichung im Oktober 1957 entwickelte er sich zum Bestseller und ist eines der bekanntesten Prosawerke Max Frischs. Der Roman wurde vielfach übersetzt und wird häufig sowohl in literaturwissenschaftlichen Untersuchungen als auch im Schulunterricht behandelt. Eine Verfilmung Volker Schlöndorffs kam 1991 als Homo Faber in die Kinos.

Der Titel des Romans setzt die Hauptfigur namens Walter Faber in Bezug zum anthropologischen Begriff des homo faber, des schaffenden Menschen. Walter Faber ist ein Ingenieur mit streng rationaler, technisch orientierter Weltanschauung, in dessen geordnetes Leben der Zufall und die verdrängte Vergangenheit einbrechen. Durch eine Verkettung unwahrscheinlicher Ereignisse trifft er nacheinander auf seinen verstorbenen Jugendfreund, seine unvergessene Jugendliebe und seine Tochter, von deren Existenz er nichts ahnt. Unwissentlich geht Faber mit der jungen Frau eine inzestuöse Liebesbeziehung ein, die ein tragisches Ende nimmt. Erst am Ende erkennt er seine Verfehlungen und Versäumnisse; todkrank will er sein Leben wandeln.

Neben autobiografischen Elementen verarbeitete Max Frisch in Homo faber zentrale Kernthemen seines Werks: den Konflikt zwischen persönlicher Identität und sozialer Rolle, die Bestimmung des Daseins durch Zufall oder Schicksal, den Gegensatz von Technik zu Natur und Mythos, die misslungene Beziehung zwischen den Geschlechtern und das verfehlte Leben.

Quelle:
Schimank, Uwe: Ökologische Gefährdungen, Anspruchsinflationen und Exklusionsverkettungen - Niklas Luhmanns Beobachtung der Folgeprobleme funktionaler Differenzierung. In: Vormbusch, Uwe (2018). Soziologische Analysen der Gegenwartsgesellschaft. Hagen: FernUniversität in Hagen, S. 47-62.

Literatur
Dörner, Klaus (1989): Die Logik des Misslingens. Strategisches Denken in komplexen Situationen. Reinbek: Rowohlt.
Hellmann, Kai-Uwe (1996): Einleitung. In: Niklas Luhmann, Protest – Systemtheorie und soziale Bewegungen. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 7-45.
Hirsch, Fred (1976): Social Limits to Growth. London: Routledge.
Kneer, Georg (1998): Von Kommandohöhen zu Maulwurfshügeln. Ein Beitrag zur Diskussion politischer Steuerung aus systemtheoretischer Sicht. In: Sociologia Internationalis 36, 61-85.
Luhmann, Niklas (1977): Funktion der Religion. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Luhmann, Niklas (1981): Politische Theorie im Wohlfahrtsstaat. München: Olzog.
Luhmann, Niklas (1983): Anspruchsinflation im Krankheitssystem. Eine Stellungnahme aus gesellschaftstheoretischer Sicht. In: Philipp Herder-Dorneich und Alexander Schuller (Hrsg.), Die Anspruchsspirale. Stuttgart: Kohlhammer, 28-49.
Luhmann, Niklas (1984): Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt/M.: Suhrkamp.
Luhmann, Niklas (1986 a): Ökologische Kommunikation. Kann die moderne Gesellschaft sich auf ökologische Gefährdungen einstellen? Opladen: Westdeutscher Verlag.
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